Der Radentscheid Frankfurt begrüßt alle Maßnahmen, die die Luftverschmutzung in Frankfurt am Main und seinem Umland reduzieren und die Gesundheit der Menschen schützen. Die erste Wahl sind für uns allerdings keine Dieselfahrverbote, sondern vernünftige Angebote, Mobilität mit weniger Autoverkehr zu gewährleisten und möglichst viele Menschen zu einem Umstieg auf umweltfreundlichere Verkehrsträger zu motivieren.
Norbert Szep, Hausarzt und Vertrauensperson des Bürgerbegehrens, meint dazu: „Die Fokussierung auf Fahrzeuge mit Dieselantrieb ist unserer Meinung nach zu kurz gedacht und wenig zielführend, denn nicht nur eine hohe Konzentration von Stickstoffdioxid ist gesundheitsgefährdend.
Gemäß der europäischen Umweltagentur sind in Deutschland deutlich mehr frühzeitige Todesfälle durch Feinstaub zu beklagen. Diesen, nur aus wenigen Mikrometer kleinen, aber krebserregenden Partikeln bestehenden Staub atmen wir täglich bis in unsere feinsten Lungenspitzen ein. Reifen- und Bremsabrieb von Autos, egal welcher Antriebsart, sind in unseren Straßen die Hauptquelle für Feinstaub. Einen wirklichen unteren Grenzwert für die Unschädlichkeit dieser Emissionen gibt es medizinisch betrachtet nicht.“
In den immer dichter werdenden Ballungsräumen erzeugt der Kfz-Verkehr aber nicht nur das Problem der Luftverschmutzung. Zunehmende Staus, Flächenkonkurrenz mit anderen Nutzungen und Lärmbelastung führen die städtischen Verkehrssysteme auch weltweit mehr und mehr an ihre Grenzen und zwingen dazu, alternative Verkehrskonzepte ins Bewusstsein zu rücken.
Die Architektin und Verkehrsplanerin Beatrix Baltabol, die sich ebenfalls ehrenamtlich für den Radentscheid engagiert, ergänzt: „Die Stadt Frankfurt besitzt, vor allem wegen ihrer Kompaktheit, ein großes Potential. Durch den massiven Ausbau der Fahrradinfrastruktur mit sicheren und bequemen Radwegen, der Erweiterung des ÖPNV-Netzes bei günstigen Tarifen und der Stärkung des Fußgänger-Verkehrs kann Frankfurt eine klimaneutrale und sozial gerechte Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen gewährleisten. Allerdings wurden Verkehrskonzepte jahrzehntelang hauptsächlich aus der Perspektive der Autofahrer betrachtet, so dass diese Perspektive heute von weiten Teilen der Bevölkerung als „normal“ empfunden wird. Eine Veränderung der Verkehrsstrukturen setzt daher auch ein Umdenken und die Veränderung des Blickwinkels voraus.“
Wenn wir die Gesundheit von tausenden Mitbürgern ernst nehmen, müssen wir auch jenseits von Dieselfahrverboten umdenken, um eine wirkliche „Mobilitätswende“ zu erreichen, die den Autoverkehr in Frankfurt und dem Umland insgesamt deutlich reduziert.
Erst dann werden unsere Kinder und wir gesund aufatmen können.